8 Stunden Weltliteratur am Stück
In der zweiten Auflage unserer All-Star-Marathonlesung feierten wir im großen Rathaussaal mit großem Zuspruch Franz Kafkas Jahrhundertroman „Der Prozeß“.
Was für ein Sonntag, was für ein Publikum. Es kam und bewies einmal mehr absolutes literarisches Durchhaltevermögen. Denn letztlich waren es sogar mehr als acht Stunden Lesezeit – bei unserer gestrigen, von Chefdramaturg Florian Hirsch kuratierten All-Star-Marathonlesung im großen Rathaussaal von Telfs. Nach Elfriede Jelineks Privatroman „Neid“ im Vorjahr würdigten wir heuer Franz Kafkas Jahrhundertroman „Der Prozeß“. Zumal der Text sich ja auch perfekt in unser diesjähriges Festivalmotto „Schuld und Sühne, Recht und Gerechtigkeit“ einreiht.
Eine Anwältin, die uns heute begeistert schrieb, reiste sogar mit den Öffis aus München an und las, weil sie dadurch früher wegmusste, den letzten Abschnitt dann selbst im Zug. Wir sind wirklich überwältigt vom großartigen Zuspruch für unser durchaus olympisches Format.
Nachdem wir derzeit schon die tollsten Stimmen und Darsteller:innen im Ort haben, war ein Großteil unserer „Krug“-Besetzung auch Teil des Marathon-Ensembles. Corinna Harfouch, unsere Gerichtsrätin Walter im „Zerbrochnen Krug“, eröffnete den Vorlese-Marathon mit einem der wohl berühmtesten Anfangssätze der Weltliteratur: „Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne, dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.“
Dann folgten Max Simonischek, Dörte Lyssewski, Markus Völlenklee, Gerti Drassl, Gregor Bloéb, Lisa Hörtnagl, Martin Leutgeb, Franziska Machens, Harald Schrott, Klaus Rohrmoser, Brigitte Hobmeier, Sibylle Canonica, Valery Tscheplanowa.
Wie schon im Vorjahr bestand die große Faszination dieses Lese-Marathons nicht zuletzt darin, dass jede:r der Vorlesenden eine andere Facette und Tonalität dieses großen Romans herausarbeitete. Bei Max Simonischek entdeckte man die sinnliche, bei Dörte Lyssewski die fließend-poetische, bei Markus Völlenklee die kraftvoll-radikale, bei Gerti Drassl die sensibel-feinsinnige, bei Gregor Bloéb die grotesk-brachiale, bei Lisa Hörtnagl die rasant-situationskomische, bei Martin Leutgeb die betörend-eigenwillige, bei Franziksa Machens die absurd-klare, bei Harald Schrott die hellsichtig-abwegige, bei Klaus Rohrmoser die irrlichternd-verquere, bei Brigitte Hobmeier die betörend schöne, bei Sibylle Canonica die manifest-bedrohliche und last but not least bei Valery Tscheplanowa. die magisch wie tragisch unausweichliche.
Es war ein Fest der Literatur, und wir freuen uns schon auf Marathonlesung Numero 3 im nächsten Jahr.